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Antideutsche Kritik | Paulette Gensler "diskutiert" mit Max Stirner

 


In heutigen ideologiekritischen Texten spielt Max Stirner so gut wie keine Rolle. Dies erscheint wie eine Umkehrung seiner immensen Bedeutung in der Deutschen Ideologie, deren Rezeption selbst keine besonders rühmliche darstellt, wobei m
an sich gern damit rechtfertigt, dass Marx und Engels diese ja schließlich selbst den Mäusen zum Fraß überlassen haben. So heißt es noch in einer zusammengeschusterten Sammlung der Marxschen Frühschriften des Stuttgarter Alfred Kröner Verlags im Jahre 1953, dass man auf die Herausgabe großer Teile der Deutschen Ideologie verzichtet habe, da diese Teile so gut wie ausschließlich einer mehr bissig-artistischen als produktiven Polemik gewidmet sind. (1)
In der Einleitung erfährt man dann, welche großen Abschnitte wohl gemeint sind aus der Deutschen Ideologie, deren erster Teil eine positive Auseinandersetzung mit Feuerbach und eine in ihrer Langatmigkeit und akrobatischen Klopffechterei unerquickliche Kritik des Buches von Max Stirner Der Einzige und sein Eigentum unter dem Titel Sankt Max enthält. (2) Der zweite Teil gebührt den Verkündern des wahren Sozialismus, aber positiv wichtig ist nur der erste Teil über Feuerbach. Dies scheint trotz Adornos Schrift Jargon der Eigentlichkeit allgemein recht anerkannt zu sein. Doch selbst der fleißigste der heutigen Stirner-Apologeten, Bernd Laska, erkennt im Gegensatz zu den meisten Antideutschen im Untertitel Zur deutschen Ideologie des Werkes Adornos wenigstens die Andeutung, dass die aktuelle Konfrontation Adorno/Heidegger eine Entsprechung in der einstigen Marx/Stirner habe. (3) Gleichzeitig weiß er aber zu vermelden, dass weder Adorno noch Horkheimer noch irgendein anderer Autor, der dem Institut angehörte oder nahestand, jemals Stirner thematisiert (4) hätten. Dabei hatte sich schon Hans Mayer in seinem Beitrag für den 1936 in Paris erschienen Sammelband der gemeinsamen Studien über Autorität und Familie mit Stirner auseinandergesetzt. (5) Obwohl Stirner hier vor allem als Anarchist betrachtet wird und wahrlich nicht den Hauptteil des Artikels abbekommt, sind sämtliche Kernkritikpunkte in ihren Grundzügen ausformuliert, da der Anarchismus selbst in seiner Zweifrontenstellung: einmal gegen das Bürgertum und den Staatsapparat, zum anderen gegen den Marxismus und die Ziele und Methoden des Klassenkampfes als typische Ideenlage von Mittelschichten eingeordnet wird. (6) Stirner firmiert dann vor allem als Stifter des anarchistischen Individualismus.

Der Text steht auch auf ...
http://dialgegendar.blogspot.com/2019/01/v-behaviorurldefaultvmlo.html

… Der Kultus des Einzigen und seines erarbeiteten geistigen Eigentums zieht sich heute bis in die profiliertesten Personifikationen dieser neuen existentiellen Ideologiekritik – sei es der Teilzeitpublizist, der nach jedem Post in den sozialen Netzwerken, welcher vier Zeilen überschreitet, meint eine Rechnung zu präsentieren, die verkündet, wieviel er mit dieser Geistesarbeitszeit hätte verdienen können (und es mit hätte müssen verwechselt), der also sein vermeintliches Vermögen für Kapital hält, da er auf seinem Blog schließlich Nichtidentisches anbiete und dabei auch noch eine Sparte namens Gesammelte Werke (131) zur Verfügung stellt; oder diejenigen, die immer wieder als erste und einzige einen der immanenten Widersprüche oder blinden Flecken der Kritischen Theorie entdecken, den sie dann als Einzige befugt seien, intellektuell und im besten Fall auch monetär auszuschlachten. Einzigkeit ist ihre trade mark, urteilte schon Helms über solche Gruppenbildungen (S. 128). Der psychische, individuelle Mehrwert geht auf Kosten der Kritik, der Sprache und letztlich der Wahrheit – und das ist das zu Kritisierende
(132). Muss man für solch ein Urteil die Herkunft von Stirner ableiten? Nein, keineswegs. Schon die eigene Erfahrung sollte bei weitem genügen. Kann man es? Durchaus, wie Hans G Helms dargelegt hat.
PauletteGensler: http://redaktion-bahamas.org/aktuell/2017/09/04/stirner-mittelklasse-und-existenzielle-ideologiekritik/



Die permanente Revolution aus der Mitte

Paulette Gensler über den Ideologiekritiker Hans G Helms
Der 1932 geborene Hans G Helms überlebte den Nationalsozialismus unter anderem in Berlin mit gefälschten Papieren. Nach '45 weilte er mit einem Nansen-Pass an verschiedenen Orten außerhalb Deutschlands, kehrte schließlich zurück und war in den 1960ern »so eine Art Privatschüler von Adorno und Horkheimer.« Aus einem Privatseminar über Max Stirner entstand »Die Ideologie der anonymen Gesellschaft«.1 Dabei verfasste er nach Marx und Engels zum zweiten Mal eine Kritik von Max Stirners »Der Einzige und sein Eigentum«, die ausführlicher war, als das kritisierte Werk selbst. Stirners Werk hatte laut Helms »durchaus kontinuierliche Wirkung, sie war mittelbar, deswegen nicht weniger intensiv«, und habe sich vor allem in pädagogischen Journalen sowie in Journalismus, Film und Kunst entfaltet. Schließlich konkretisiert er, »die Ideologie Stirners« sei vor allem zu verstehen »als Vorbereitung auf faschistische Praxis.«
»Die Ideologie der anonymen Gesellschaft« besteht aus zwei Strängen, welche beständig Bezug aufeinander nehmen: Zum einen aus dem Nachvollzug der Hauptströmungen der Wirkung Stirners bis in die Gegenwart. Zu Stirners euphorischen Lesern zählten nicht nur Mussolini und der Hitler-Mentor Dietrich Eckart, sondern auch Martin Heidegger, Georges Sorel, Silvio Gesell, Carl Schmitt und Richard Wagner sowie Rudolf Steiner, Max Adler, Dostojewski, B. Traven, Wedekind und Shaw, Ernst Jünger sowie Spengler und Hartmann. Hans G Helms scheint geahnt zu haben, dass seine Analyse nicht gerade mit Wohlwollen aufgenommen werden wird, und begegnete dem schon im Voraus mit einer gehörigen Redlichkeit. Neunzig Seiten Literaturverzeichnis und 1358 Fußnoten stehen zur Überprüfung für Kritiker bereit, die sich bisher jedoch alle davor gedrückt haben. Diese Fleißarbeit wäre schon bemerkenswert genug. Rückgebunden wird jedoch immer an den zweiten Strang der Arbeit, in welchem die zur Rezeption Stirners parallele Entwicklung der Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse, dabei besonders die Entwicklung des Mittelstandes und Kleinbürgertums »als Klasse« nachvollzogen werden. Es geht somit um die Frage, wie jenes »Wir«, das bei Stirner allem radikalen Individualismus zum Trotz auch schon immer präsent ist, in der späteren Folge komplett freigesetzt werden konnte. So schreibt Helms auch über Marx und Engels: »Wäre es ihnen gegeben gewesen, die Wege zu erforschen, die der ‚Einzige‘ seitdem gegangen ist, der Spott wäre ihnen vergangen.«
Helms geht davon aus, dass die Proletarisierung der Angestellten nicht stattgefunden habe. Im Zuge der »Anonymisierung der Eigentums-verhältnisse und Verfügungsgewalten« und der »Arbeitsteilung von Kapitalbesitz und Kapitalkontrolle« übernahmen sie vielmehr vollständig die Kontrolle und wurden zur »in Stellvertretung herrschende Klasse.« Sie sind Charaktermasken, die weder Arbeit (im industriellen oder produktiven Sinne) noch Kapital verkörpern, sondern das Feld der Dienstleistungen. Dabei kommt ihnen vor allem die »Kommunikation zwischen Proletariat und Eigentümern« zu. Ihre Tätigkeit trägt somit den »Charakter von Klassenkitt.« Und damit sind sie es, »die die heutige klassenlose Gesellschaft in ihren Kreisen vorweggenommen haben.« Auch die Angestellten sind eben keineswegs die neuen Herren. Es »herrschen« eher »ihre Kontroll-, Vermittlungs-, und Verfügungs-, also kommunikativen Funktionen, die ausgeübt werden, ohne dass die Funktionäre der Verfügungsgewalt real inne wären. [Diese] gehört den Institutionen an, nicht deren Verwesern.« Der Mittelstand verfügt über »das administrativ koordinierte Kollektiv lebendiger Quantitäten«, und genau solche »quantitative Existenz ist anonyme Existenz.« Diese statistische Anonymität verdeutlicht sich am krassesten im Aktenzeichen, zu dem alle degradiert werden, letztlich auch der Verwalter selbst in seiner eigenen Personalakte. Der Mittelstand steht zwischen Kapital und dem möglichen Streik. Er »hat nur seine Ideologie.« Wichtiger als die Stellung im Klassenkampf ist Helms die Anfälligkeit für Ideologie, denn diese »fungiert als primäres Instrument des zum Interessenkampf verluderten Klassenkampf.« Es geht also vor allem um jene Angestellten, die gerade deshalb niemals streiken würden, weil dann andere merken könnten, dass ihre Arbeit völlig überflüssig ist und von niemandem vermisst wird. Am Schlimmsten betroffen sind jene aus dem weiten Bereich der Kommunikation, die am stärksten an ihrer eigenen, von ihnen immer wieder selbst mit produzierten Ideologie hängen, wie vormals nur der Bauer an seiner Scholle. Besonders in dieser Gruppe vollzieht sich die Produktion der Ideologie als »Verwandlung der Sachverhalte in Sprachverhalte.«
Helms skizzierte ein sehr feines Portrait des kleinbürgerlichen Charaktertypus bis in die 60er Jahre. Ausgehend von dem Postulat, dass für den neuen Mittelstand »Vermassung etwas anderes als für das Proletariat« darstellt, sieht Helms in eben dieser Vermassung, die sich in »Verwaltungspalästen« in Form der Wolkenkratzer manifestieren und der Konkurrenz durch Bürogeräte, die die Konkurrenz unter den Mittelständlern enorm verschärfte, Grundmotive des neuen kleinbürgerlichen Charaktertypus. Dieser hat vor allem »seine private Philosophie«, denn »mit ihr schützt er sich vor Erfahrung und Vernunft, die ihm bewiesen, dass seine Ohnmacht Ohnmacht ist.« Es ist fast immer eine Form der Lebensphilosophie – eine »Vertauschung gesellschaftlicher Fakten mit subjektiven Gefühlen.« Dabei ist er überaus flexibel und »übersetzt mit Leichtigkeit die veralteten Vokabeln in den aktuellen Jargon.« Es ist eine Bewusstseinsstruktur, die zwischen Vorfreude als schönster Freude, die im Mittelstand kein Zustand der Weihnachtszeit, sondern ein permanenter Zustand ist, auf der einen Seite und Mensch-ärger-dich-nicht, auf der anderen schwankt. Dabei ist solche repressive Ambivalenz den objektiven Bedingungen des Kleineigentümers durchaus adäquat, denn sein »Eigentum an Konsumgütern« kann nie recht übertünchen, dass er eben keines an Produktionsmitteln innehat bzw. trotz ein paar Telekom-Aktien keinerlei Einfluss auf das Treiben dieses Ladens ausübt. Sein Reich ist sein »Wohnzimmer« – von Helms völlig richtig beschrieben als »eine Mischung aus großbürgerlichem Salon und dem Allzweckgemach der Eigentumslosen.« In Konsequenz ist »das Eigenheim [nur] das selbstständig gewordene Wohnzimmer«. Es ist dabei eben so wenig Grundeigentum wie das Wohnzimmer Salon. Dass sich in diesen Wohnzimmern nicht wohnen lässt, beweist das massive Bedürfnis nach Urlaub und »Tapetenwechsel.« Die »Ferien vom Ich« sind eher Ferien vom Über-Ich, zu dem das Wohnzimmer wurde, indem es mit Autorität ausgestattet wurde – besonders wichtig die literarischen Klassiker, während die Bücher, welche man wirklich liest, im intimen Schlafzimmer liegen. Will man sich aller Lumpen entledigen, wie es Stirner fordert, steht die Freikörperkultur zur Verfügung. All dies ist eine individuelle, auf Kleineigentum bauende, Schein-Souveränität, die die reelle Machtlosigkeit übertüncht, wie die ostentative Verachtung für Materielles, das man nicht hat, den Neid. Mitreden-Können sowie Bescheid- und Besserwissen erhält zunehmend eine enorme Bedeutung in der Weimarer Republik, als in nicht gekanntem Maße Stellen nach Parteibuch vergeben wurden: »Politische Überzeugungen wurden hauptsächliches Tauschobjekt mittelständischen Feilschens.«
»Die Kritik an Stirners Ideologie hätte aus dem Mittelstand kommen müssen, doch dort ist sie jauchzend aufgenommen worden.« Was sich liest wie die Forderung nach einem Klassenbewusstsein im revolutionären Sinne oder Standpunktdenken ist nur die Erkenntnis, dass der Mittelstand seine Stellung hätte reflektieren müssen, um nicht penetrant antirevolutionär zu agieren, wie er es schließlich tat. Helms suchte die wichtigen Akteure der Verbreitung der Ideologie vor allem auch in der SPD und den Gewerkschaften mit ihrer »Politik der kleinen Forderungen und winzigen Lohnerhöhungen«, denn ohne Kollaboration dieser beiden Großrackets hätte die kleinbürgerliche Ideologie niemals eine solch immense Wirkung aufweisen können. Helms beschrieb die ideologischen Aussagen und Botschaften der Schrift(en) Stirners als »Hohlformen«, die sich rasch »von ihrem Herkunftsort abgelöst hatten und neue Verbindungen eingegangen waren.« Eben diese völlige Fungibilität der Inhalte ist das Gefährliche dieses sonst völlig absurden Schreiberlings. Was letztlich vom »Einzigen« übrig bleibt, ist nur die von Stirner in Buchform vorgezeichnete »Bewusstseinsstruktur des Mittelstandes […], die konstante Bereitschaft zur Empörung. […] Die permanente Revolution aus der Mitte ist die statistisch gebündelte und straff organisierte Empörung der einzelnen Mittelständler.« Dabei ist es Stirner selbst äußerst wichtig gewesen, dass die Leser ja nicht Revolution und Empörung verwechseln. Der Akt der Empörung ist Selbsttherapie und Aufstiegssehnsucht in einem. »Empörung ist eine Untertanentugend [und] Stirner lehrte die Einzigen, sich zu empören«, heißt es bei Helms. Laut Marx ist die Empörung schlicht »die Aufkündigung des Respekts gegen das Heilige.«2 Sie ist also scheinbar sündhafter Trotz, der sich in sich selbst gefällt, und damit ein gutes Stück weit entfernt, von dem absoluten Gehorsam, welcher irrtümlich als Grundtugend des Kleinbürgers gilt. Psychoanalytisch wäre Stirner der Philosoph des schwachen Ichs, der gegen das nie recht internalisierte Über-Ich pöbelt und sein kaum vorhandenes Ich diskursiv oder auch tätlich erhöhen muss. Helms historische Betrachtung bricht um 1957 mit einer kurzen Betrachtung des Existentialismus ab, er nimmt sie jedoch in seinem späteren Essayband »Fetisch Revolution« im Jahre 1969 wieder auf. Ernst wie es ihm war, gab er jedoch 1968 vorerst die gesammelten Schriften Stirners heraus, die entgegen gewissen Kritiken gerade in ihrer tendenziösen Kürzung das Wesen dieser Philosophie sehr gut erfasst, und mit einem ausführlichen Nachwort versehen waren. Makabererweise hatte er jedoch mit dieser Veröffentlichung zumindest Anteil an einer neuen Stirner-Welle, gegen die er sich vor allem mit »Fetisch Revolution« sofort wendete, womit er eine der frühsten Kritiken der Studentenbewegung verfasste.
[1] Hans G Helms: Die Ideologie der anonymen Gesellschaft. Max Stirners »Einzige« und der Fortschritt des demokratischen Selbstbewusstseins vom Vormärz bis zur Bundesrepublik. Köln 1966. Aus diesem Werk ist im Folgenden zitiert, sofern nicht anders angegeben.
[2] MEW 3, S. 360

 https://antidekritblogwen.blogspot.com/2019/02/bahamas-paulette-gensler-max-stirner.html

 https://en.wikipedia.org/wiki/Egoist_anarchism

 https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Stirner 

Kritik und Analyse usw. in Form von fortgesetzten Reflexionen - den autoritären Charakter überwinden usw. ...
 https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Nietzsche
 https://de.wikipedia.org/wiki/Diogenes_von_Sinope

 https://de.wikipedia.org/wiki/Kynismus#/media/File:Jean-L%C3%A9on_G%C3%A9r%C3%B4me_-_Diogenes_-_Walters_37131.jpg

 https://de.wikipedia.org/wiki/Kynismus

Weiter Analysen zu Max Stirner

https://gmkgw7.blogspot.com/2019/02/bahamas-max-stirner-paulette-gensler.html

 http://redaktion-bahamas.org/aktuell/2017/09/04/stirner-mittelklasse-und-existenzielle-ideologiekritik/
 https://versorgerin.stwst.at/artikel/jun-1-2017-2326/die-permanente-revolution-aus-der-mitte


Nur eine einzige Parallele läßt sich zwischen Marx und Freud ziehen: Die Denunziation eines übersubjektiven Zwanges, der sich doch nur in subjektivem Handeln auszudrücken vermag. So wie die Kritik der Politischen Ökonomie das kapitale Subjekt als „Charaktermaske“ eines unsichtbaren Zwanges denunziert hatte – in der revolutionären Hoffnung, daß kritischer Begriff vom Subjekt und die kritisierte Subjektivität nicht unmittelbar identisch seien –, so legt die Kritik der seelischen Ökonomie das Zwanghaft-Unbewußte am vorgeblich freien Willen des Individuums bloß – in der therapeutischen Hoffnung, daß seelische Regression ein rückgängig zu machendes je einzelnes Schicksal sei. In dem Maße aber, wie die steigende organische Zusammensetzung des Kapitals den politi­schen Zwangscharakter der Subjektivität befestigt, steigt auch das Maß der Zwanghaftigkeit des Subjekts: Äußerlich verliert das Rechtssubjekt die – schon immer limitierte – autonome Kontrolle über sein Schicksal, wird zum Teil der Gefolgschaft des autoritären Staates, innerlich verliert das Ich die – schon immer limitierte – Kontrolle über die unmittelbaren Zwänge des Es: „Für die soziale Realität ist in der Epoche der Konzentrations­lager Kastration charakteristischer als Konkurrenz“ (Adorno).
Der Zügellosigkeit der öffentlichen Feindkampagnen wie der Willkür des Staates ist mit der Unterstellung eines kühl berechnenden bürgerlichen Subjekts nicht beizukommen. Überhaupt darf Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus, mit dem Antisemitis­mus, mit Deutschland, den Deutschen und denen, die ihnen nacheifern, nicht so tun, als ob die Wendung von Gesellschaft zu Racket und Rasse im Indivi­duum Kategorien wie Interesse und ­Bewußtsein in Kraft belassen hätte. In der Rearchaisierung der Gesellschaft rearchaisiert auch das Subjekt. Wo Ich war, wird Ich-Libido, herrscht Es. https://www.ca-ira.net/verlag/buecher/krug-wert-es/

Psychologischer Egoismus

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Psychologischer Egoismus ist die Überzeugung oder empirisch beobachtete Tatsache, dass alles Streben, Verhalten und Handeln des Menschen, auch das unbewusste, letztlich darauf zielt, sein individuelles Glück oder Wohlbefinden zu erhalten und zu steigern, seine eigenen Wünsche, Interessen und Ziele zu verwirklichen.

Alle Verhaltensphänomene lassen sich nach dieser Auffassung auf dieses Grundstreben zurückführen. Diese Erklärung der tatsächlichen menschlichen Motivation entspricht damit grundsätzlich den bereits von Niccolò Machiavelli, Bernard Mandeville und Adam Smith gezeichneten Menschenbildern, welche gleichsam egoistische Ziele und Affekte als die eigentlichen Antriebsfedern allen menschlichen Handelns ausmachten.

Der auf modernen Erkenntnissen der Neurologie beruhende emotionale amoralische Egoismus wird in der Gegenwart von Nayef R. F. Al-Rodhan vertreten.

Obwohl dies die herrschende Auffassung in den Humanwissenschaften ist und sie auch in den Alltagsauffassungen der Menschen weite Verbreitung hat, gibt es doch Phänomene, die dieser Auffassung zu widersprechen scheinen, wie z. B. altruistisches Verhalten und Handeln. Vertreter des psychologischen Egoismus versuchen, auch diese Phänomene auf Egoismus zurückzuführen, indem sie Nachweise zu erbringen suchen, wie altruistisches Handeln, das auf das Wohl anderer zielt, letztlich doch nur darin motiviert ist, das Eigenwohl zu erhalten oder zu steigern (→ Reziproker Altruismus).

Beispielhaft für eine derartige Argumentation wäre etwa: altruistisches/gemeinnütziges Verhalten (wie z. B. eine Spende) dient in Wirklichkeit dem menschlichen Wunsch, ein gutes Gewissen zu haben, oder dass andere Menschen gut von einem denken. Die Goldene Regel wird so zu einer Erfolgsformel und gesellschaftliche Übereinkünfte in Form von Gesetzen dienen einzig dazu, einen selbst vor dem Egoismus anderer zu schützen. Diese Argumentation kann aber als teils selbst-widersprüchlich widerlegt werden. Hierzu gibt es folgende Anekdote über Abraham Lincoln, der zu Gunsten des psychologischen Egoismus argumentiert, als er in einer Kutsche mit einem Herrn darüber angeregt diskutiert. Die beiden fahren über eine Brücke und Lincoln beobachtet bei der Überfahrt, wie am Ufer des Flusses einige Ferkel im Schlamm feststecken. Die Mutter der Ferkel versucht verzweifelt, diese zu retten, ist dazu jedoch nicht in der Lage. Lincoln beugt sich vor zu dem Kutscher und bittet ihn, kurz anzuhalten. Daraufhin läuft er zum Ufer und befreit die Ferkel. Zurück in der Kutsche entbrennt wieder die Diskussion und der andere Mitfahrer meint, dass das doch der beste Beweis für altruistisches Verhalten der Menschen gewesen sei. Lincoln widerspricht dem und meint, es bestätige viel eher, dass er nur egoistisch motiviert gehandelt habe, weil ihn sonst bis zum Ende seiner Tage der sinnlose Tod dieser Tiere gequält hätte. Der Widerspruch besteht nun darin, dass Lincoln dieses Gefühl und die daraus folgende Qual nur dann ausbilden kann, wenn er an sich bereits mitfühlend ist/denkt. Wäre er tatsächlich ausschließlich egoistisch orientiert, könnte sich das Mitgefühl anderen gegenüber nicht herausbilden. Ob dies nun aber wirklich ein Widerspruch ist, ist äußerst fragwürdig, da Mitgefühl durch sogenannte Spiegelneuronen entsteht und naturgegeben ist. Somit wurde Lincoln als mitfühlendes Wesen geboren, was seinen Egoismus zwar umlenkt, aber nicht ausschließt.[1]

Der Begriff „psychologischer Egoismus“ bezeichnet eine vermutete Tatsächlichkeit und ist nicht mit einer Bewertung verbunden.

Kommentare

  1. Psychologischer Egoismus
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    Psychologischer Egoismus ist die Überzeugung oder empirisch beobachtete Tatsache, dass alles Streben, Verhalten und Handeln des Menschen, auch das unbewusste, letztlich darauf zielt, sein individuelles Glück oder Wohlbefinden zu erhalten und zu steigern, seine eigenen Wünsche, Interessen und Ziele zu verwirklichen.
    Inhaltsverzeichnis

    1 Siehe auch
    2 Literatur
    3 Weblinks
    4 Quellen

    Alle Verhaltensphänomene lassen sich nach dieser Auffassung auf dieses Grundstreben zurückführen. Diese Erklärung der tatsächlichen menschlichen Motivation entspricht damit grundsätzlich den bereits von Niccolò Machiavelli, Bernard Mandeville und Adam Smith gezeichneten Menschenbildern, welche gleichsam egoistische Ziele und Affekte als die eigentlichen Antriebsfedern allen menschlichen Handelns ausmachten.

    Der auf modernen Erkenntnissen der Neurologie beruhende emotionale amoralische Egoismus wird in der Gegenwart von Nayef R. F. Al-Rodhan vertreten.

    Obwohl dies die herrschende Auffassung in den Humanwissenschaften ist und sie auch in den Alltagsauffassungen der Menschen weite Verbreitung hat, gibt es doch Phänomene, die dieser Auffassung zu widersprechen scheinen, wie z. B. altruistisches Verhalten und Handeln. Vertreter des psychologischen Egoismus versuchen, auch diese Phänomene auf Egoismus zurückzuführen, indem sie Nachweise zu erbringen suchen, wie altruistisches Handeln, das auf das Wohl anderer zielt, letztlich doch nur darin motiviert ist, das Eigenwohl zu erhalten oder zu steigern (→ Reziproker Altruismus).

    Beispielhaft für eine derartige Argumentation wäre etwa: altruistisches/gemeinnütziges Verhalten (wie z. B. eine Spende) dient in Wirklichkeit dem menschlichen Wunsch, ein gutes Gewissen zu haben, oder dass andere Menschen gut von einem denken. Die Goldene Regel wird so zu einer Erfolgsformel und gesellschaftliche Übereinkünfte in Form von Gesetzen dienen einzig dazu, einen selbst vor dem Egoismus anderer zu schützen. Diese Argumentation kann aber als teils selbst-widersprüchlich widerlegt werden. Hierzu gibt es folgende Anekdote über Abraham Lincoln, der zu Gunsten des psychologischen Egoismus argumentiert, als er in einer Kutsche mit einem Herrn darüber angeregt diskutiert. Die beiden fahren über eine Brücke und Lincoln beobachtet bei der Überfahrt, wie am Ufer des Flusses einige Ferkel im Schlamm feststecken. Die Mutter der Ferkel versucht verzweifelt, diese zu retten, ist dazu jedoch nicht in der Lage. Lincoln beugt sich vor zu dem Kutscher und bittet ihn, kurz anzuhalten. Daraufhin läuft er zum Ufer und befreit die Ferkel. Zurück in der Kutsche entbrennt wieder die Diskussion und der andere Mitfahrer meint, dass das doch der beste Beweis für altruistisches Verhalten der Menschen gewesen sei. Lincoln widerspricht dem und meint, es bestätige viel eher, dass er nur egoistisch motiviert gehandelt habe, weil ihn sonst bis zum Ende seiner Tage der sinnlose Tod dieser Tiere gequält hätte. Der Widerspruch besteht nun darin, dass Lincoln dieses Gefühl und die daraus folgende Qual nur dann ausbilden kann, wenn er an sich bereits mitfühlend ist/denkt. Wäre er tatsächlich ausschließlich egoistisch orientiert, könnte sich das Mitgefühl anderen gegenüber nicht herausbilden. Ob dies nun aber wirklich ein Widerspruch ist, ist äußerst fragwürdig, da Mitgefühl durch sogenannte Spiegelneuronen entsteht und naturgegeben ist. Somit wurde Lincoln als mitfühlendes Wesen geboren, was seinen Egoismus zwar umlenkt, aber nicht ausschließt.[1]

    Der Begriff „psychologischer Egoismus“ bezeichnet eine vermutete Tatsächlichkeit und ist nicht mit einer Bewertung verbunden.

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  2. Egoistische Anarchie
    [Der egoistische Anarchismus oder Anarcho-Egoismus , oft einfach als Egoismus abgekürzt , ist eine Schule des anarchistischen Denkens , die aus der Philosophie von Max Stirner stammt , einem existentialistischen Philosophen des 19. Jahrhunderts, dessen "Name in historisch orientierten Erhebungen des anarchistischen Denkens mit vertrauter Regelmäßigkeit erscheint der frühesten und bekanntesten Vertreter des individualistischen Anarchismus ". Egoistischer Anarchismus - https://de.qaz.wiki/wiki/Egoist_anarchism]
    im letzteren Punkt zum eigenen stärker werdenden Ich /

    Das Unversöhnte im ... -Ismus

    Theodor W. Adorno: "Bei der Negativen Dialektik handelt es sich um den Entwurf einer Philosophie, die nicht den Begriff der Identität von Sein und Denken voraussetzt und auch nicht in ihm terminiert, sondern die gerade das Gegenteil, also das Auseinanderweisen von Begriff und Sache, von Subjekt und Objekt, und ihre Unversöhntheit, artikulieren will.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Negative_Dialektik

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